Kanzel

Kanzel (Deutsch)

Substantiv, f

Singular

Plural

Nominativ die Kanzel

die Kanzeln

Genitiv der Kanzel

der Kanzeln

Dativ der Kanzel

den Kanzeln

Akkusativ die Kanzel

die Kanzeln

Worttrennung:

Kan·zel, Plural: Kan·zeln

Aussprache:

IPA: [ˈkant͡sl̩]
Hörbeispiele:

Bedeutungen:

[1] Architektur, Kirche: erhöhte Plattform mit Brüstung in einer Kirche, von der aus der Pfarrer seine Predigt hält
[2] Flugwesen: der (vordere) Bereich eines Flugzeugs, in dem der Pilot das Flugzeug steuert
[3] Jägersprache: für den Daueransitz auch bei Niederschlag und tiefen Temperaturen geeigneter erhöhter Beobachtungsstand für den Jäger mit Dach und Verblendung bis zur Auflagenhöhe; oftmals so geräumig, dass der Jäger darin übernachten kann
[4] Bergsteigen: aus einer Steilwand hervorragender, oben flacher Teil
[5] Verkehrswesen: kleines, überdachtes Podest für Verkehrspolizisten
[6] veraltet: das im Vergleich zu den anderen Tischen hervorgehobene Pult eines Lehrers, Dozenten

Herkunft:

Dem heutigen Substantiv Kanzel sind das althochdeutsche kanzella f und das mittelhochdeutsche kanzel f, m vorausgegangen.[1][2] Es handelt sich entweder um eine direkte Entlehnung aus dem lateinischen maskulinen Pluraletantum cancelli  la ‚Gitter, Einzäunung, Schranken[3][1] oder um eine Entlehnung hieraus vermittelt über das spätlateinische cancella  la ‚Gitter, Schranke‘[2]. cancelli ist ein Diminutiv zu cancer  la ‚Gitter[4][3][2], welches von cancelli sodann verdrängt wurde[5]. Bei cancer handelt es sich vermutlich um eine Dissimilation aus carcer  la ‚Umfriedung, Umzäunung[6][2][5].
Im vorliegenden Zusammenhang sind mit „Schranke“, „Gitter“, „Umzäunung“ und so weiter Vorrichtungen in Kirchen gemeint, die den Chorraum vom Mittelschiff abtrennten[1] und zum Teil bis heute erhalten sind (siehe Bild [1]). Zu erwähnen sind an dieser Stelle auch das ebenfalls auf cancelli zurückgehende deutsche Substantiv Kanzelle, das unter anderem die Chorschranke in der altchristlichen Kirche bezeichnet[5], sowie der zu cancelli gebildete spätlateinische Singular cancellus  la ‚der für den Geistlichen abgetrennte Raum in der Kirche; mittellateinisch: Lesepult, Podium‘[7]. In der Nähe der erwähnten Schranken oder Gitter stand früher in den Kirchen das Lesepult, von dem aus der Geistliche predigte.[1][7] Auch als später in der Kirche von einer anderen Stelle aus gepredigt wurde, behielt man die Bezeichnung bei.[1] Sie wurde zudem übertragen auf andere Stellen, die der Lehre dienen, und auf die Pilotenkabine, die hierbei als ein beengter Raum wahrgenommen wird, in den der Pilot hinaufsteigen muss.[1]

Synonyme:

[1] Predigtstuhl
[2] Cockpit, Kabine, Pilotenkanzel
[3] Ansitz, Hochsitz, Hochstand, Jagdsitz, Jägersitz, Jägerstand
[6] Katheder, Pult, Rednerpult

Beispiele:

[1] Der Pfarrer wetterte am Sonntag wieder von der Kanzel herab gegen die Sündhaftigkeit der heutigen Jugend.
[2] Nach der Landung durften wir einen Blick auf die Instrumente des Piloten in der Kanzel werfen.
[3] Schon im Morgengrauen beobachtete der Jäger auf seiner Kanzel die Rehe.
[4] Für unser Zelt fanden wir Platz auf einer Kanzel.
[5] Von der Kanzel aus hat der Polizist einen guten Überblick über den Verkehr.
[6] Ehrfürchtig lauschten die Studenten dem Vortrag des Professors aus der Kanzel.

Wortbildungen:

abkanzeln, Kanzelaltar, Kanzelberedsamkeit, Kanzelmissbrauch, Kanzelredner, Kanzelrednerton, Kanzelschwalbe, Kanzelsprung, Kanzelton, Kanzelvortrag, Kanzelwort


Übersetzungen

Referenzen und weiterführende Informationen:

[1–3, 6] Wikipedia-Artikel „Kanzel (Begriffsklärung)
[1] Wikipedia-Artikel „Kanzel
[1–3] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache „Kanzel
[*] canoo.net „Kanzel
[1–3] Uni Leipzig: Wortschatz-LexikonKanzel
[1, 2] The Free Dictionary „Kanzel
[1–6] Duden online „Kanzel
[1–6] Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Herausgeber): Duden, Deutsches Universalwörterbuch. 6. Auflage. Dudenverlag, Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 2007, ISBN 978-3-411-05506-7, „Kanzel“, Seite 926.
[3] Carl Zeiß, Fritz Dobschova: Lexikon der Waidmannssprache und weiterer Sachgebiete der Jagd. Hubertusverlag H.H. Hitschmann Ges.m.b.H., Wien 1992, ISBN 3-7039-0011-3, „Kanzel“, Seite 107.
[3] Walter Frevert: Jagdliches Brauchtum und Jägersprache. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-440-12791-9, unter „Hochsitz“, Seite 198.

Quellen:

  1. Friedrich Kluge, bearbeitet von Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2011, ISBN 978-3-11-022364-4, DNB 1012311937, „Kanzel“, Seite 471.
  2. Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-32511-9, „Kanzel“, Seite 617.
  3. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch: „cancelli“ (Zeno.org)
  4. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch: „cancer“ (Zeno.org)
  5. Boris Parashkevov: Wörter und Namen gleicher Herkunft und Struktur. Lexikon etymologischer Dubletten im Deutschen. 1. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-017469-3, „Kanzel“, Seite 159.
  6. Karl Ernst Georges: Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch: „carcer“ (Zeno.org).
  7. Wolfgang Pfeifer et al.: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. 8. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-32511-9, „Kanzel“, Seite 618.

Ähnliche Wörter (Deutsch):

ähnlich geschrieben und/oder ausgesprochen: cancel, Kantel
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